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Der Bronstein-Defekt

und andere Geschichten

Christoph Werner

"Ich stellte bald an mir selbst die Verführung durch Zählen und Auswerten fest und empfand die Wonne, Gesetzmäßigkeiten bei gewissen Massenerscheinungen festzustellen. Nichts war vor mir sicher. Als erstes machte ich mich über die Friedhöfe her..."

Ein kleiner Abriss Niemberger Kulturgeschichte

Ein kleiner Abriss Niemberger Kulturgeschichte

Herbert Kleinau

Ein kleiner Abriss Niemberger Kulturgeschichte

Postkarte aus dem Jahre 1898 mit der Molkerei, dem Postamt, dem Gasthof, der Malzfabrik und der Kirche in Niemberg.
Postkarte aus dem Jahre 1898 mit der Molkerei, dem Postamt, dem Gasthof, der Malzfabrik und der Kirche in Niemberg.

Am Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre bezeichnete der Saalkreishistoriker Prof. Erich Neuß den Ort Niemberg als ein "wohlgeratenes und schönes Saalkreisdorf". Auch der Landrat von Krosigk fand bei einem Besuch in Niemberg, im Jahre 1902, lobende Worte wegen der positiven Entwicklung des Ortes.

Hier in Niemberg befanden sich schon Ende des 19. Jahrhunderts Landwirtschaft, Industrie, Handwerk, Handel und Versorgung und Kultur in einem Einklang. Das Rittergut und die Bauern wirtschafteten mit gutem Erfolg. In östlicher Richtung der Dorflage entstand ein Industrievorort mit dem damals größten Güterbahnhof des Saalkreises, einer Malzfabrik, einer Molkerei und mit Steinbrüchen in denen gearbeitet wurde. Zur Versorgung der Bevölkerung waren Geschäfte und Handwerker in großer Zahl ansässig. Bis zu drei Ärzte waren ab 1901 in Niemberg niedergelassen. Das zog die Menschen an. Die Bevölkerungszahl stieg zu Beginn des 20. Jahrhunderts unablässig, sodass in Niemberg Wohnungsnot entstand, aber es kaum Arbeitslose gab.

Die Fahne des Turn- und Sportverein Niemberg aus dem Jahre 1924.
Die Fahne des Turn- und Sportverein Niemberg aus dem Jahre 1924.

Niemberg war ein relativ wohlhabender Ort. Das hatte auch zur Folge, dass sich in Niemberg Vereine zur kulturellen und sportlichen Betätigung bildeten. Der Kriegerverein gründete sich schon 1871 und ab 1898 gab es den erfolgreichen Männergesangverein. Danach wurden zwei weitere Gesangvereine, ein sozialer Frauenverein, ein landwirtschaftlicher Verein und mehrere kleine Vereine gebildet. Dann, im Jahre 1910, kam es zur Gründung des Turn- und Sportvereins in Niemberg. Nebenher gab es den Kegler- und den Radfahrerverein. Niemberg wurde zum Hauptort der umliegenden Dörfer.

Doch der Nationalsozialismus vernichtete nach 1933 die gewachsenen kulturellen Strukturen. Viele Vereine lösten sich auf. Gesungen wurde nicht mehr altes deutsches Liedgut, sondern Lieder mit nazistischen Hintergrund. Wohin das führte, wurde jedem Deutschen spätestens 1945 bewusst.

Nach dem 2. Weltkrieg wollten die Menschen das Grauen des Krieges vergessen und wollten nur noch leben, lernen, arbeiten und fröhlich sein. In Niemberg gründete sich schon im September 1946 die „Kulturgruppe der Gemeinde Niemberg" mit einem Chor und einer Tanzgruppe. Im Juni 1949 wurde die Mitgliedschaft im Kulturbund vollzogen. Schon bald erreichte die Niemberger Ortsgruppe des Kulturbundes, mit den etwa 170 Mitgliedern, einen hohen Bekanntheitsgrad im Saalkreis und in Halle. Besonders der Niemberger Volkschor feierte schöne Erfolge. Die Menschen nahmen das alte deutsche Kulturgut wieder gern an. Doch zum Aufbau des Sozialismus taugte diese Art der Kultur, der Tradition und des Brauchtums nicht. Der Niemberger Kulturbund mit seinen Interessengruppen trat immer mehr in den Hintergrund. Die Mitgliederzahlen sanken schon ab 1953. Dorfklub, Singegruppen und Agitationsgruppen sollten nun neues Kulturgut bilden. Wobei der Dorfklub auf der Ebene des Kulturbundes weitermachte und gute Arbeit leistete. Besonders die Kontakte zum Landestheater Dessau, die Durchführung von Konzertreihen mit den damals beliebten MD Karl-Gerhard Seher und die Durchführung der 1000- Jahrfeier Niembergs im Jahre 1966, sind hervorzuheben. Doch mit dem völlig sinnlosen Abriss des großen Niemberger Gasthauses, ist den Niembergern jegliche Möglichkeit einer vernünftigen kulturellen Betätigung genommen worden. Ein bis zwei Veranstaltungen unter freien Himmel oder in einer sonst landwirtschaftlich genutzten Halle, sind damals der Kultur in Niemberg geblieben. Der Dorfklub bestand dann in den 1980er Jahren nur noch aus wenigen Mitgliedern, die sich mehr oder weniger berufen fühlten, die Kultur in Niemberg nicht völlig einschlafen zu lassen. Ab der Wende, im Jahre 1990, führte nur noch der Niemberger Feuerwehrverein ein Dorffest pro Jahr in Niemberg durch.
Tante Ju auf großer Fahrt zum Badewannenrennen auf dem Niemberger Teich im Jahre 2011
Tante Ju auf großer Fahrt zum Badewannenrennen auf dem Niemberger Teich im Jahre 2011

Am 23. September 2003 trafen sich etwa 50 Bürger, einer Einladung von wenigen engagierten Niembergern folgend, um über die Kulturarbeit in Niemberg nachzudenken und einen Neuanfang zu machen. Dazu sollte ein altes historisches Gebäude vor dem Verfall gerettet und zu einer Kulturstätte umfunktioniert werden. Wenige der Anwesenden glaubten an ein Gelingen. Doch noch am gleichen Abend traten genau 40 Niemberger, dem eigens zur Rettung des Gebäudes gegründeten Verein „Alte Brennerei- Niemberg e.V." bei. Sie bekundeten den Willen mit zu helfen, aus der Alten Brennerei ein Dorfgemeinschaftshaus zu bauen, um Kultur, Brauchtum und Tradition in Niemberg wieder zu beleben. Eine kleine Weihnachtsfeier für die Mitglieder des Vereins, noch im Jahre 2003, war das Ergebnis einer überwältigenden Mitarbeit, bei der vorläufigen Nutzbarmachung der Brennereiruine. Das Jahr 2004 wurde dazu genutzt, alle vorbereitenden Arbeiten zu einer groß angelegten Sanierung auszuführen. Dazu gehörten vor allem Strom-, Wasser- und Gasanschluss und die Verlegung der Kanalisation.

Die Sanierung der Alten Brennerei begann 2005 mit dem Neubau eines Sanitärtraktes. Schon 2006 wurde die hauptsächliche Sanierung des Gebäudes abgeschlossen. Einige Arbeiten und offene Wünsche blieben Aufgaben der nächsten Jahre. Dazu zählten die Kunst- und Keramikstube im Dachgeschoss und der Ausbau des Gewölbekellers als Club- und Eventräume. Ab 2009, in nur sechs Jahren Bauzeit, konnte sich Niemberg rühmen eine gut funktionierende Kulturstätte zu besitzen.

Der Niemberger Maibaum. Mit 18 Meter Höhe sicherlich der höchste weit und breit.
Der Niemberger Maibaum. Mit 18 Meter Höhe sicherlich der höchste weit und breit.

Schon sehr bald und noch vor Beginn des Umbaues, wurden vom Verein alte Traditionen und das Brauchtum wieder belebt. Zu den großen Veranstaltungen gehörten dann unter anderen, das Maibaumsetzen und die Kirmes. Aber auch neue Ideen flossen mit ein. So wurde auf dem Teich das Badewannenrennen ins Leben gerufen und ein zünftiges Parkfest gehörte nun zu den Sommerveranstaltungen.

Große Kunst erleben die Niemberger und ihre Gäste während Blueskonzerten mit Spitzenkünstlern aus Deutschland und Europa. Die Alte Brennerei hat sich auf dieses Kunstevent spezialisiert.

Über 50 große und kleine Veranstaltungen jährlich standen und stehen in den Veranstaltungskalendern des Vereins der Alten Brennerei und erfüllen Niemberg wieder mit kulturellen Leben.

Fotos: (1) Postkarte aus dem Jahre 1898 im Auftrag des Niemberger Gastwirtes Karl Reinsch, Urheber unbekannt. (2-4) Herbert Kleinau

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