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Mit Brummi Bär und Bertha Huhn geht es auf eine fantastische Reise mit Geschichten, Experimenten, Rätseln und Abenteuern.

Die Plößnitzer Bockwindmühle

Die Plößnitzer Bockwindmühle

Henning Mertens

Kein Klappern und Knarksen am 400 Jahre alten Mühlenrad

Die Plößnitzer Bockwindmühle

Helmut Notzke hat sich nach der Pensionierung den Traum von der eigenen Mühle erfüllt (Fotos: Henning Mertens)
Helmut Notzke hat sich nach der Pensionierung den Traum von der eigenen Mühle erfüllt (Fotos: Henning Mertens)

Majestätisch drehen sich die Flügel der über 130 Jahre alten Bockwindmühle im Landsberger Ortsteil Plößnitz im auffrischenden Wind. Im Inneren überträgt ein riesiges Kammrad die Kraft auf Mühlstein, Siebanlage und bei Bedarf auch mehrere andere nützliche Arbeitsgeräte. Manchmal wird hier sogar noch ein Sack Schrot gemahlen.

„Eine Mühle darf nicht knarksen", verrät der Enthusiast Helmut Notzke, der sich nach der Wende als Pensionär seinen langjährigen Traum von der eigenen Windmühle erfüllt hat. Nahezu lautlos müsse der Betrieb erfolgen, dann sei der Mechanismus, der auch heute noch u. a. aus zahlreichen hölzernen Zahn- und Kegelrädern sowie ledernen Transmissionsriemen besteht, intakt. Im Herzen der Mühle dreht sich auf der Flügelwelle ein Rad, das der studierte Mühlenbauingenieur aufgrund seiner Abnutzungsspuren auf ein Alter von mehr als 400 Jahren schätzt: „Entweder wurde es aus einer anderen Mühle herangeschafft oder man hat das Mühlrad der Vorgängermühle verwendet", erklärt er. Denn schon früh taucht Plößnitz als Mühlenstandort mit dazugehöriger Mühlenschänke in der Ortschronik auf, wie Heimatforscher Manfred Thon herausgefunden hat. Er vermutet die Gründung schon im 11./12. Jahrhundert. Einen ersten schriftlichen Nachweis fand er im Landesarchiv Sachsen-Anhalts allerdings erst für das Jahr 1729.

Helmut Notzke erläutert die verschiedenen Mahlstufen und Mehlsorten.
Helmut Notzke erläutert die verschiedenen Mahlstufen und Mehlsorten.

In seiner Werkstatt erklärt Helmut Notzke das Prinzip der Bockwindmühle: Der Hausbaum der 40 Tonnen schweren Mühle ruht elastisch gelagert auf 4 schräg zur Mitte laufenden Streben, dem Bock. Das so optimal verteilte Gewicht gibt ihr die Standfestigkeit. Der Hausbaum selbst trägt auf zwei Lagern den in den Wind drehbaren Mühlenkörper.

Mitten im Gespräch erhält Helmut Notzke Besuch, ein Bekannter liefert einige Säcke Korn ab. Auch er zeigt sich begeistert für das technische Schauspiel und die Geschichte dahinter. Helmut Notzke wird das Korn zu Schrot mahlen. Früher wurden hier pro Stunde bis zu 300 kg Schrot und pro 24 h 2000 kg Mehl gemahlen. Richtiges Mehl zu mahlen, wäre theoretisch möglich, liefert aber aufgrund der nötigen Reinigungsgänge bei Kleinstmengen kein für Lebensmittel verwendbares Ergebnis. Es ist auch eher das technische Denkmal, das der Mühlenbetreiber liebevoll in Schuss hält und manchmal zu Vorführungen in Gang setzt.

Das große Rad am Ausleger der Mühle erinnert an ein Schiffssteuer und wird eingesetzt, um die Mühle in den Wind zu drehen.
Das große Rad am Ausleger der Mühle erinnert an ein Schiffssteuer und wird eingesetzt, um die Mühle in den Wind zu drehen.
Als er im Jahr 1990 die Mühle vom betreibenden Landwirt übernimmt, hat sie keine Flügel mehr. Ein Elektromotor treibt das Mahlwerk für die Futterschrotproduktion an. So ist es eine der ersten Aufgaben, neue Flügel zu beschaffen und der Mühle ihr altes Aussehen wiederzugeben. In seinen Berufsjahren hat Helmut Notzke an Wassermühlen, dampfbetriebenen Mühlen und in der Schokoladenproduktion sein Fachwissen auf vielfältige Weise angewendet. Bereits als Kind hat er einst an der Ostsee in der Nähe von Danzig in der Mühle der Eltern mitgearbeitet. Die Bilder von damals zeigt er gern. Seine Erklärungen und Demonstrationen machen die Mühlenführung lebendig. Dann löst er für uns die Bremse des großen Kammrades und setzt die Mühle in Gang.
Das große Mühlrad bildet das Herz der Mühle und ist wahrscheinlich über 400 Jahre alt.
Das große Mühlrad bildet das Herz der Mühle und ist wahrscheinlich über 400 Jahre alt.
Mit ca. 15 Umdrehungen pro Minute sausen die Flügel vorbei. Früher hatten sie Segel, wurden zur Geschwindigkeitsanpassung auf- oder abgesegelt. Später hat man diese, um dazu nicht mehr anhalten zu müssen, durch verstellbare Lamellen ersetzt. Auch das demonstriert Helmut Notzke, indem er an einem Seil zieht, das den Klappmechanismus auslöst. In der Mühle selbst habendie Müller schon früh ganz auf die Kraft der Natur gesetzt. „Der Wind ist ein unsteter Geselle", meint jedoch der Hobbymüller, und so musste dann manchmal doch noch Muskelkraft so manchen ausgeklügelten Seilaufzug für die Getreidesäcke ersetzen. Ansonsten sorgen eine Vielzahl von hölzernen Zahnrädern, Umlenkrollen und sogar ein kleiner Generator für allerlei Arbeitserleichterung und treiben so manche Gerätschaft an. Selbst die Heizung in der kleinen Aufenthaltskammer wird per Windkraft erwärmt. Als Mahlwerke dienen der alte Mühlstein und ein moderneres Walzenmahlwerk. Anhand von Proben erklärt der Mühlenbesitzer die unterschiedlichen Mahlstufen und Mehlsorten. 7-8 Durchgänge braucht es, bis das Korn komplett zu Mehl verarbeitet ist. Bis ins Jahr 1950 soll hier noch Mehl produziert worden sein, bis 1975 Futterschrot. Erst dann wurde die Mühle stillgelegt.

Die Mühlenbesichtigung

"Wenn die Luke geöffnet ist, ist der Müller da", meint Helmut Notzke. Er führt spontane Besucher gern durch seine Bockwindmühle. Einen festen Öffnungs-Termin gibt es mit dem Deutschen Mühlentag im Mai. Für Führungen und Fragen der Besucher steht Helmut Notzke dann meist von ca. 9-18 Uhr bereit. Das benachbarte Bio-Obstbauerngut lockt dann traditionell mit einem "Mühlenimbiss".

Adresse: Bockwindmühle Plößnitz, Zur Windmühle, 06188 Landsberg OT Plößnitz

Mehr Infos: Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung e. V.

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