Landsberg-Lese

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Ein Buch, das zu Herzen geht

Klinikclown Knuddel erinnert an die vielen Kindern und Jugendlichen, die er begleiten durfte, und in seinen Geschichten lässt er ihr Wesen und ihre Persönlichkeit nochmals aufleben. Geschichten über die Liebe und einen Clown im Sterbezimmer.

Der Ketzer von Naumburg

Der Ketzer von Naumburg

Herbert Münchow

An diesen großen historischen Roman von Rosemarie Schuder aus dem Jahre 1955 wird man unwillkürlich erinnert, wenn die Rede auf die Neuinterpretation der Naumburger Stifterfiguren durch Gottfried Sehmsdorf und Katja Münchow in ihrem Buch „Ekkehard II.- Markgraf von Landsberg. Der Aufstieg der Wettiner - eine Geschichte von Schuld und Sühne" kommt.

Im Mittelpunkt steht die Bedeutung der Stadt und der Burg Landsberg als Sitz des Markgrafen der Ostmark und der (Nieder-) Lausitz, beginnend mit dem Wirken des Markgrafen Ekkehards II. Ausgangspunkt der Überlegungen ist der in den Hildesheimer Annalen überlieferte Mord an dem Wettiner Dietrich II. im Auftrag Ekkehard II. im Jahre 1034. Die Autoren rekonstruieren mit kriminalistischer Gründlichkeit Motiv, Ort und Hergang der Tat. Sie kommen zu dem Schluss, dass ihr Hintergrund in machtpolitischen Auseinandersetzungen zu suchen ist und dass sie sich wahrscheinlich in Landsberg ereignete.

Die Überraschung, die den Leser jetzt erwartet, ist der komplette Neuansatz zur Interpretation der Naumburger Stifterfiguren. Der unbekannte Schöpfer dieser Figurengruppe, dem Rosemarie Schuder in ihrem Roman „Der Ketzer von Naumburg" ein Gesicht gegeben hat, bringt nach Auffassung der Autoren „im Westchor des Naumburger Domes menschliche Schuld vor den Richterstuhl Gottes" (S. 75). Verhandelt wird „der Auftragsmord Ekkehard II. an Dietrich II. im Jahre 1034." Mit dem Hinweis auf diese einzige überlieferte und ungesühnte Gewalttat aus dem Kreise der damals handelnden rivalisierenden Verwandtgruppen wird begründet, dass sich die Beziehungen zwischen den zwölf Stifterfiguren erst auf dieser Grundlage wirklich schlüssig erklären lassen. Der Erklärungsversuch wendet sich dabei nicht nur an Geschichtsgelehrte und vereint doch alle Merkmale einer wissenschaftlichen Premiere.

Seinem Auftrag hat der anonyme Naumburger Meister ein eigenes künstlerisches Programm unterlegt, das seinen weltanschaulichen Überzeugungen als Anhänger der Waldenser entsprach. Der machtpolitisch motivierte Schwagermord Ekkehard II. an Dietrich II. „war in den herrschenden Kreisen der damaligen Zeit wohl ein akzeptables Mittel und sein Stand schütze" den Mörder. Aber der Schöpfer der Stifterfiguren gab mit den Mitteln der Bildhauerkunst den Fingerzeig, dass weder Stand noch Reichtum den Menschen von der Verantwortung für seine Taten befreien können. Gemäß seiner Überzeugung „muss dem Naumburger Meister der liturgische Zweck seines Auftrages, die Gestaltung des Raumes für ‚Totenmessen zur Befreiung von Schuld' als Irrglaube erschienen sein." (S. 74) Offenbar handelte er in der Erwartung des „Weltgerichtes", das für 1260 von Joachim von Fiore (1130-1202) vorausgesagt wurde.

Das Buch regt zum Nachdenken und zur Beschäftigung nicht nur mit der mittelalterlichen Geschichte Mitteldeutschlands an. Es verfügt über ein Quellen- und Literaturverzeichnis, ein Orts- und Personenregister sowie eine Zeittafel. Zahlreiche Abbildungen und genealogische Übersichten erhöhen den Aussagewert bzw. erleichtern das Verständnis der Abhandlung. Dem Verlag sei für die solide Aufmachung des Buches gedankt. Eine anspruchsvolle Lektüre - spannend geschrieben.

Herbert Münchow (mit Dr. Katja Münchow nicht verwandt)

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G. Sehmsdorf/K. Münchow, Ekkehard II. - Markgraf von Landsberg. Der Aufstieg der Wettiner - eine Geschichte von Schuld und Sühne, Dingsda-Verlag, Leipzig 2008, 107 Seiten, 12,90 Euro, ISBN-Nr.: 978-3-928498-35-7.

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