Die Sage vom Piltitzer Teufelsstein macht deutlich, dass Sagen keinesfalls los¬gelöst sein müssen von realen geschichtlichen Vorgängen, wie in diesem Fall von der zunehmenden Verdrängung heidnischer Glaubenswelten durch das Christentum.
Denn die Sage entstand offensichtlich zu einer Zeit, als im Kloster auf dem Petersberg längst Mönche lebten und beteten und der Markgraf Dietrich damit beschäftigt war, die neu errichtete Burg auf dem Landsberg durch die berühmte Doppelkapelle zu ergänzen.
Der junge Mönch, der vom Markgrafen bzw. von den Petersberger Klosterbrüdern dazu auserkoren war, auf der Landsberger Burg Burgkaplan zu werden, begegnet während dieser Zeit auf dem Petersberg dem Teufel, der die weitere Ausbreitung des Christentums verhindern möchte. Denn: Zerstört der Teufel mit einem Steinwurf vom Petersberg aus die neu errichtete Doppelkapelle, so kann der junge Mönch nicht mehr nach Landsberg gehen und der Ausbreitung des Christentums würde im wahrsten Wortsinne ein Stein in den Weg gelegt werden.
Der Sage nach fordert der Teufel den designierten Burgkaplan auf, ihm dessen Seele zu geben, um die Zerstörung des Bauwerks auf dem Landsberg noch zu verhindern. Der Mönch ist sofort bereit, sich für die Kapelle zu opfern, zweifelt aber sogleich die Macht des Teufels an, dieses „gottgewollte Werk" zu zerstören. Mit den Worten: „Noch ehe du dreimal das Vaterunser gesprochen hast, ist meine Arbeit beendet", hält der Teufel dagegen und zieht seinerseits die Kraft der biblischen Worte und die Pfiffigkeit des Mönchs in Zweifel, die das teuflische Werk eventuell verhindern könnten.
Während der Teufel nun einen Petersberger Porphyrfelsen mit gewaltiger Wucht in Richtung Osten schleudert, spricht der Mönch dreimal das Vaterunser, doch nur in absoluter Kurzform: „Vater unser, Vater unser, Vater unser. Amen."
Und mit dem nach dem Planspiel des Teufels viel zu früh, also noch während des Steinfluges ausgesprochenen .Amen", verliert der fliegende Koloss seine teuflische Kraft und fällt weit vor der Burg, vor dem kleinen Ort Piltitz, zu Boden, wo er noch heute zu besichtigen ist.
Der Machtkampf zwischen dem Guten und dem Bösen war eindeutig ent¬schieden, das Christentum hatte seinen unwiderruflichen Siegeszug gegen die Dämonen der Vergangenheit auch im Raum Landsberg angetreten.
Ein schwarzer Hund mit glühenden Augen hält am Stein in besonders finste¬ren Nächten mitunter auch noch heute Wache. So mancher Passant will auch beobachtet haben, dass der Hund ihm bis vor die Haustür gefolgt sei. Dass der Piltitzer Teufelsstein heute überhaupt so gut zu sehen ist, ist übrigens dem großen Heimatforscher Bernhard Brühl zu verdanken, der den einst bei Straßenbauarbeiten verschütteten am 16. Juli 1922 mit Hilfe vieler Helfer und auch der Kraft von vier Ochsen wieder nach oben ziehen ließ.
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(nach Winkler, o. J.; Brühl, 1913; Messerschmidt, 2002; Fricke, 1994)